Tradition im Wassersport - Die Klassische Ecke
Das Gedicht zur Jollenfahrt

Eine kleine Jollenfahrt (aus "Der Segler auf der Niederelbe" v. 1920)

Zählt der Mensch zu den bequemen,
muß er große Schiffe nehmen,
worin er sänftiglich kann ruhen,
in den weißbezogenen Truhen,
die der Seemann Kojen nennt,
und worin sich's fürstlich pennt !
Wo in des Salons Gemächern
er sich kühlen kann mit Fächern.
Wo aus eines Eisschranks Spalte
eine Pulle lugt, ne Kalte!
Wo im Vorschiff an dem Herde
schwitzend spricht der Koch, es werde!
Und dem Herren seiner Wahl
brät ein wahres Göttermahl !
Aber ist's dem Erdensohne
gleich ob unter Deck er wohne,
ob ihn Nachts der Tau befeuchte,
und der Mond zum Mahl ihm leuchte,
statt das die Kardansche Lampe
strahlet von der Skylights- rampe,
daß wenn er zur Ruh sich strecket
ihn ein Regenguss erwecket,
und der Bodenbretter Fasern
ihm den Rücken arg zermasern,
ist ihm dieses alles gleich,
dünkt es ihm ein Königreich
wenn er eine Jolle hat,
sei sie noch so klein und Platt,
sei das Segel noch so ältlich
und in seinen Bahnen fältlich.
Sei sie eine Kenterkitsche
oder naß, mitunter pitsche,
alles dieses stört ihn nicht!
Freudig leuchtet sein Gesicht,
hat er Zeit für einige Tage
abzutun des Lebens Plage
und mit einer Segeljolle,
sei sie zierlich, sei sie volle,
macht er auf seine eigene Art
eine kleine Jollenfahrt!
Gut ist's nie das ganz allein
ist der Mensch, es sei zu zwein!
Auch beim längeren Tourensegeln
halt dies hoch vor allen Regeln!
Erstens hat man Luvballast,
zweitens einen Mann vorm Mast,
der den letzteren wenn nötig,
umzulegen ist erbötig!

Ferner kann man mit ihm sprechen,
und womöglich mit ihm Zechen,
falls er ist kein Temperenzler
oder gar noch Abstinenzler.
Hüte dich vor einem solchen,
der mit Fröschen und mit Molchen
Wasser um die Wette trinkt,
dort wo ihm der Bierkrug winkt!
Prüf darum vorher den Freund,
ob er dir auch tunlich scheint,
da in heutigen Tagen,
viele sich des Trunks entschlagen.
Löblich ist's, doch diese Art
paßt nicht für die Jollenfahrt!


Ferner sollst du auch nicht Leute nehmen
die man zählt zu den bequemen,
die nur lieben leichten Wind
und dem Pullen abhold sind!
Die im Wirtshaus lieber speisen
und auf ihren Wink dem leisen,
tänzelnd kommt der Wirt gezogen,
glättend ihres Magens Wogen.
Diese guten Leute laß in Ruh,
denn sie drückt auch sonst der Schuh!
Beispielsweise wenn am Abend sich die Sonne senkt,
und labend kühl und milde naht die Nacht,
rufen sie - jetzt halt gemacht,
dort der Wirt hat warme Betten
und ich möchte alles wetten,
auch noch guten Rum
den in Grog man setzet um!
Protestierst du, bleibt er kalt,
murmelt weinerlich sein halt,
bester Freund oh schelte mich,
aber ich erkälte mich!
Diese guten Leute lasse still bei ihrer Kaffekasse und ihrem Federbett,
denn es wäre wenig nett,
sollte man, wenn früh die Sonne
sich erhebt zu unserer Wonne,
sie aus schwerem Schlummer wecken
und auf ihres gähnens necken,
da sie ungewohnt der Härte,
eines Bodenbretts am Schwerte
alle Glieder arg geschunden,
eben erst den Schlaf gefunden!
Hast du aber einen Freund
der die abgehärtet scheint,
der aus diesen Sachen
keinen Elefant tut machen,
der sich selbst tut Kaffee kochen,
und mit Spiritus kann stochen
eine kleine Spritmaschine!
Der mit frohbewegter Miene
hinblickt auf ein Spiegelei,
was er briet sich eins, zwei, drei!
Und der stolz ist, wenn der Äpfel-Erden
zu gebratenen werden.
Und der traurig ist beim Essen,
hat zu salzen er vergessen!
Der zum Schlachterladen wandelt
und dort zähes Fleisch erhandelt,
was auf seine zarten Bitten
noch geklopft wird und zerschnitten.
Der an eines Dorfes Pumpen
füllt die leeren Wasserhumpen
bei dem Wirt des Bieres Krug,
und dabei die Hosen trug,
die er schon an Bord getragen
und entstammen älteren Tagen,
die mit Flicken Übersät und
diverse mal vernäht!
Dieser Freund, ha, der ist's wert
auszufüllen den Platz am Schwert.
Diesen sehn der Sonnestrahlen
morgens schon beim Kaffeemahlen.
Dieser weiß wie schön die Welt,
wenn der Mond sie Nachts erhellt,
und ein lustig schmetternd Lied
zeigt wie Froh sein leicht Gemüt!
Weißt du solchen Freund zu finden,
tu dich schnell mit ihm verbinden,
denn ein Mann von dieser Art
der ist's wert der Jollenfahrt!

Zur Verfügung gestellt von: Karsten Alfke